Donnerstag, 13. Oktober 2016

Demokratischer Sozialismus #2

Soziale Demokratie ist im Sprachgebrauch der Gegenwart beides, ein Grundbegriff der Demokratietheorie und ein Name zur Kennzeichnung eines richtungspolitischen Programms.

Doch beginnen wir hiermit:

Der Kapitalismus ist nicht das Ende der Geschichte, sondern eine Etappe der Menschheits-entwicklung, in der sich zwar viele Hoffnungen der Aufklärung erfüllten und eine enorme Steigerung der menschlichen Produktivkräfte stattfand, die aber auch massenhafte Verelendung, Völkermord und unvorstellbare Kriege über die Menschheit brachte. Heute, da der Kapitalismus zu einem globalen System geworden ist, treibt sein Raubbau an Mensch und Natur in eine globale, die menschliche Zivilisation bedrohende Krise.

Den vielfachen Krisenszenarien kann nur durch Überwindung des kapitalistischen Ausbeutungssystems, Veränderung der Produktions- und Lebensweise, durch globale Solidarität, die Überwindung des Geschlechtergegensatzes, die Demokratisierung aller Lebensbereiche und eine Veränderung des Verhältnisses von Mensch und Natur entgegengewirkt werden. Der Kapitalismus kann überwunden werden, wenn es gelingt, Mehrheiten zu gewinnen für einen Aufbruch zu einer anderen Art zu arbeiten und zu leben.

Dazu benötigen wir einen demokratischen Sozialismus, der den gesellschaftlichen und globalen Herausforderungen und Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts gerecht wird; eine sozialistische Gesellschaft, in der jeder Mensch in Freiheit sein Leben selbst bestimmen und es im Zusammenleben in einer solidarischen Gesellschaft verwirklichen kann.
(DL)
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Was bedeutet Sozialismus? ... und das im 21. Jahrhundert ?
Sozialismus ist nicht Kommunismus!
Denoch wird immer noch wider besseren Wissens
, der fast 7 Jahrzehnte anhaltende Sowjet-Stalinismus (fälschlicherweise auch als Kommunismus bezeicnet - doch der Begriff Kommunismus leitet sich vom lateinischen communis ab, das heißt so viel wie gemeinsam.), seine Wirtschaftsweisen und Herrschaftsformen, "dem" Sozialismus zugerechnet. Doch bereits zu Beginn des 20. Jhdts trennten sich die zwei Strömungen voneinander.
Sozialismus ist keine bloße Vision, keine Utopie, kein geschlossenes System - wohl aber ein geschichtlicher Sinnhorizont und ein alternatives regulatives Prinzip gegenüber dem real existenten Kapitalismus. Sozialisten fügten wegen des nachhaltig vertretenen falschen Anspruchs der Kommunisten, "den" Sozialismus zu vertreten, ihrem Verständnis des Sozialismus den Begriff demokratisch hinzu.

Versuche, was demokratischer Sozialismus bedeutet, gibt es Legionen!
Eine von Willy Brandt:

"Der demokratische Sozialismus ist ein in sich NICHT abgeschlossenes System von Vorstellungen über eine Neugestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Sein formuliertes Programm, wird immer nur die Summe gemeinsamer grundsätzlicher Überzeugungen in einer bestimmten Periode entsprechend sein können. Aber diesen sich weiterentwickelnden grundsätzlichen Überzeugungen liegt eine gemeinsame Lebensanschauung zugrunde. Sie fußt auf dem Bekenntnis zur Freiheit und zum Humanismus, zum Rechtsstaat und zur sozialen Gerechtigkeit."
(DSiE)
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Sehen wir uns mal Aussagen aus dem Jahre 1949 an! - Wir haben KEIN Vertrauen zur ordnenden Kraft des freien Marktes !

 - Politisch ist die Macht der Wenigen gebrochen dort, wo die Demokratie zur Regierungsform wurde. Aber auf dem Gebiet der Wirtschaft dauert die an feudale Sonderrechte erinnernde Macht der Wenigen an. Eine weitgehend anonyme Minderheit übt einen entscheidenden und allzuoft verhängnisvollen Einfluß auf die Geschicke eines ganzen Volkes oder gar vieler Völker aus. Sonderinteressen hindern den Zustand der Freiheit von Furcht und Not.

- Erinnern wir uns daran, daß die große Wirtschaftskrise NICHT mit den Methoden der freien Wirtschaft überwunden wurde. In solchen Zeiten erschallt der Ruf nach der Hilfe des Staates, auf dass er das Risiko trage und den dadurch subventionierten Betrieben möglichst unbeschnittene Gewinne bleiben.

- Es bleibt auch nicht verborgen, dass die ursprüngliche Marktwirtschaft unter dem Einfluss der Monopole von Planbestrebungen abgelöst wird, welche weitgehend NICHT den Interessen der großen, verbrauchenden Allgemeinheit entsprechen. Die Parole von der Wirtschaftsfreiheit wird dann immer mehr zu einer Illusion, oder sie entspringt intellektueller Unaufrichtigkeit.
 
 - Aus diesem Grunde dürfen die Grundsätze der Demokratie nicht mehr rationiert, sie müssen auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens angewendet werden, um uns zu wirtschaftlicher Sicherheit und zu sozialer Gerechtigkeit gelangen lassen. Die politischen Freiheiten werden dort begrenzt, wo sie zu Lasten anderer gehen.

- Es geht um die breitestmögliche Verteilung der Macht, wirtschaftlich wie politisch, um die Demokratisierung und Vermenschlichung der Wirtschaft. Darum lautet die Frage, welche wirtschaftliche Maßnahmen können den Bereich der Freiheit festigen und erweitern?

- Wir benötigen bedarfsbestimmte Kooperation an Stelle der profitbestimmten Konkurrenz. - Demokratischer Sozialismus heißt sinnvolle Kooperation.

- An eine moderne Gesellschaft stellen wir die Forderung, dass allen Arbeit, ausreichende Ernährung, Kleidung, eine menschenwürdige Wohnung, Freizeit, Schulbildung und Berufsausbildung, Sicherheit bei Krankheit, Armut, Alter und Arbeitsunfähigkeit gesichert wird.

- Es darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass ausländische Eingriffe zur weitgehenden Verhinderung der bisher möglichen Schritte sozialer Neuordnung geführt haben.

- Und es besteht die Tatsache, dass wir uns in unserem Land den Luxus einer Profit-wirtschaft, die amerikanischer als die Amerikaner sein möchte, einfach nicht mehr leisten können.

- Der demokratische Sozialismus ist auch kein Kirchenersatz und keine Weltan-schauung, er verpflichtet seine Anhänger zu keinen bestimmten philosophischen oder religiösen Bekenntnis. Religion ist Privatsache, Sache innerer Überzeugung - nicht Parteisache, nicht Staatssache ! Daraus folgern wir, dass Staat und Kirche / religiöse Institution von einander getrennt sein sollen.

- Wir brauchen Toleranz, wenn wir demokratisch miteinander leben wollen. Toleranz ist das Gegenteil von Vorrechten. Sie kann aber KEIN Freibrief für politische Geschäftemacher bedeuten, und zwar auch dann nicht, wenn es die Religion ist, mit der man Geschäfte machen will. - Die beste Theorie bleibt aber ein toter Buchstabe, wenn ihr nicht durch persönlichen Einsatz zur Wirksamkeit verholfen wird. Auf das Wollen, auf den mit Wissen gepaarten Willen kommt es letzten Endes an !
(WB)
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Quelle: Auszüge und frei nach
- DIE LINKE; Demokratischer Sozialismus im 21. Jhdt
- Dieter Dowe; Demokratischer Sozialismus in Europa seit dem Ende des WK-II
- Willy Brandt; Auf dem Weg nach vorn
- Thomas Meyer; Demokratischer Sozialismus
- Thomas Meyer; Theorie der Sozialen Demokratie


Zusammenstellung: GKr-10-2016

Dienstag, 4. Oktober 2016

Demokratischer Sozialismus


In den letzten Jahrzehnten begann die Industriegesellschaft die Grenzen des technisch-industriellen Fortschritts zu erfahren. Sie erlebten und erleben, dass überzogene und unkontrollierte Formen der Industrialisierung das humane Zusammenleben der Menschen gefährden.

So wurde es auch überdeutlich, dass die Substanz einer menschenwürdigen Gesellschaft nicht allein vom Stand ihrer technisch-industriellen Entwicklung abhängt.

Und die kapitalistische/neoliberale Wirtschaftsordnung teilt die Menschen erneut in Klassen auf. Diese Klassenteilung ist zwar nicht mehr erblich und sozusagen nicht rechtsverbindlich, besteht aber tatsächlich und auch wieder sehr wirkungsvoll.
In dieser Ordnung erfüllt sich das Versprechen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit NUR FÜR DIE MINDERHEIT DER GROßBESITZENDEN, DEN MILLIARDÄREN UND MILLIONÄREN !!!

Die MEHRHEIT geriet und gerät weiterhin erneut in einen Zustand der Abhängigkeit, Unfreiheit, Ungleichheit und Entfremdung !

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Nur durch eine neue und bessere Ordnung der Gesellschaft öffnet der Mensch den Weg in seine Freiheit.
Diese neue und bessere Ordnung erstrebt der Demokratische Sozialismus.

Der demokratische Sozialismus ist das Prinzip für eine staatliche und gesellschaftliche Ordnung, in der gleiche Freiheit für alle Menschen in allen Lebensbereichen durch Solidarität und gesellschaftliche Organisation verwirklicht wird.

Der demokratische Sozialismus ist eine dauernde Aufgabe - Freiheit und Gerechtigkeit zu erkämpfen, sie zu bewahren und sich in ihnen zu bewähren.

Wir streiten für Demokratie !
Sie muss die allgemeine Staats- und Lebensordnung werden, weil sie allein Ausdruck der Achtung vor der Würde des Menschen und seiner Eigenverantwortung ist.

Der demokratische Sozialismus will die Selbstbestimmung der Menschen über ihr eigenes Leben in all seinen Bereichen.
Eine menschenwürdige Gesellschaft kann nicht das Nebenprodukt einer sich selbst überlassenen technisch-industriellen Entwicklung sein.
Sie kann nur aus der bewussten Neugestaltung der menschlichen Beziehungen hervorgehen !

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Interessant ist auch, dass zu Beginn des 21. Jahrhunderts Juso-Hochschulgruppen auf einem Kongress nach wie vor formulierten:

„Wir begrüßen, dass die Idee des "Demokratischen Sozialismus" weiterhin Prinzip des Handelns sein soll. Denn der Demokratische Sozialismus war nicht nur ein wichtiger Bestandteil unserer Geschichte, sondern muss auch künftig unser Ziel bleiben.
 Für uns Sozialistinnen und Sozialisten gehört die Ideeeiner Gesellschaft, in der die  
 Gleichheit und Freiheit der Menschen verwirklicht ist, nicht in die Mottenkiste, sondern ist
 zukunftsweisend. Diese Idee muss Richtschnur für das eigene Handeln bleiben.“


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Gleichheit ohne Freiheit endet in Unterdrückung, und Freiheit ohne Gleichheit führt zu Ausbeutung. Daher streben wir eine demokratisch-sozialistische Gesellschaft an, in der jeder Mensch in Freiheit sein Leben selbst bestimmen und es im Zusammenleben in einer solidarischen Gesellschaft verwirklichen kann.
Rosa Luxemburg


Quelle:
Auszüge und frei nach
"Demokratischer Sozialismus / Thomas Meyer"
"
Demokratischer Sozialismus –Metamorphose eines Begriffs /
HEINZ HILLEBRAND &
 A
XEL TROOST"
"
Demokratischer Sozialismus im 21. Jahrhundert / Die Linke"