Freitag, 10. Juli 2015

Der Kampf gegen den imperialistischen Krieg

Erklärung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale :
Sozialismus und der Kampf gegen imperialistischen Krieg

5. Juli 2014

1. Hundert Jahre nach Ausbruch des Ersten und 75 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkriegs bedroht das imperialistische System die Menschheit erneut mit einer Katastrophe.

2. Seit dem Zusammenbruch des globalen Kapitalismus, der 2008 einsetzte, haben die imperialistischen Mächte ihren Wettlauf um die räuberische Neuaufteilung der Welt stark beschleunigt. In den zwei Jahrzehnten seit der Auflösung der Sowjetunion haben die imperialistischen Großmächte bereits Millionen Menschen auf dem Balkan, im Nahen Osten, in Zentralasien und in Afrika mit Tod und Zerstörung überzogen. Immer wieder stellten sie ihre Gleichgültigkeit gegenüber menschlichem Leid unter Beweis. Jetzt hat die Krise des Imperialismus ein qualitativ neues Stadium erreicht und die Großmächte gehen das Risiko eines Atomkriegs ein.

3. Die Gefahr eines neuen Weltkriegs ergibt sich aus dem grundlegenden Widerspruch des kapitalistischen Systems, dem Widerspruch zwischen der Globalisierung der Wirtschaft und ihrer Aufspaltung in antagonistische Nationalstaaten, die die Grundlage für das Privateigentum an den Produktionsmitteln bilden. Besonders deutlich zeigt sich dies im Bestreben des US-Imperialismus, die eurasische Landmasse zu beherrschen, insbesondere jene Gebiete, die seinem Einfluss nach der russischen und der chinesischen Revolution jahrzehntelang entzogen waren. Im Westen haben die USA im Bunde mit Deutschland einen von Faschisten angeführten Putsch organisiert, um die Ukraine unter ihre Kontrolle zu bringen. Ihre eigentlichen Ziele sind aber weiter gesteckt:
Es geht um die Aufspaltung der Russischen Föderation und ihre Verwandlung in eine Reihe von Halbkolonien, um den Weg für die Plünderung umfangreicher Rohstoffvorkommen freizumachen. Im Osten zielt die Obama-Regierung mit ihrer Orientierung auf Asien („Pivot to Asia“) darauf ab, China einzukreisen und in eine Halbkolonie zu verwandeln. Hier geht es um den Zugriff auf die billigen chinesischen Arbeitskräfte, eine der weltweit wichtigsten Quellen des Mehrwerts, den die kapitalistische Wirtschaft aus der Arbeiterklasse saugt.
4. Im Moment verfolgt die amerikanische Regierung ihre Ziele gemeinsam mit den anderen großen imperialistischen Mächten. Aber ihre Interessen stimmen nicht auf Dauer überein. Der deutsche Imperialismus, der im 20. Jahrhundert zweimal gegen die USA Krieg geführt hat, findet zu seinen früheren Großmachtambitionen zurück. Nachdem er sich in Westeuropa eine Vormachtstellung verschafft hat, strebt er nun eine Position als Weltmacht an. Ebenso rüstet Japan in Asien auf, um seine lang erstrebte regionale Hegemonie zu errichten. Um diese Wende zu rechtfertigen, wird systematisch daran gearbeitet, die monströsen Verbrechen der Nazis und der kaiserlichen japanischen Armee in den 1930er und 1940er Jahren zu beschönigen.
5. Alle imperialistischen Mächte, einschließlich Englands, Frankreichs, Kanadas und Australiens, nehmen mit aller Kraft am Kampf um Einflusssphären teil. Um jeden Winkel der Erde werden bittere Konflikte ausgetragen: nicht nur um die früheren Kolonien und Halbkolonien des Nahen Ostens, Afrikas und Asiens, sondern ebenso um die Arktis und Antarktis, ja sogar um das Weltall und den Cyberspace. Diese Konflikte heizen ihrerseits Spannungen an, die sich in separatistischen Bestrebungen, ethnischen Spaltungen und Kämpfen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen entladen.
6. Die russischen und chinesischen Regime stellen kein Gegengewicht zur imperialistischen Kriegstreiberei dar. Beide vertreten eine kriminelle Oligarchie, die aus der Restauration des Kapitalismus durch die stalinistischen Bürokratien hervorgegangen ist, und verteidigen ausschließlich deren Interessen.
Sie tragen nicht nur die politische Verantwortung für die furchtbaren Gefahren, die den russischen und chinesischen Massen drohen, sondern schüren auch Nationalismus, um die Arbeiterklasse zu spalten.
7. Wenn die internationale Arbeiterklasse nicht auf der Grundlage eines revolutionären marxistischen Programms eingreift, ist ein weiteres imperialistisches Blutbad nicht nur möglich, sondern auch unvermeidlich. Die Ursache für die zwei Weltkriege des 20. Jahrhunderts lag im Widerspruch zwischen der Weltwirtschaft und dem historisch überholten Nationalstaatensystem. Alle imperialistischen Länder versuchten, diesen Widerspruch durch den Kampf um die eigene Vormachtstellung in der Welt zu lösen. Die Globalisierung der Produktion in den vergangenen drei Jahrzehnten hat zu einem weiteren qualitativen Sprung bei der Integration der Weltwirtschaft geführt und damit die Grundwidersprüche des Kapitalismus erneut auf die Spitze getrieben.

8. Der Zusammenprall der imperialistischen und nationalstaatlichen Interessen beweist, dass es im Kapitalismus unmöglich ist, die weltweit integrierte Wirtschaft vernünftig zu organisieren und so für eine harmonische Entwicklung der Produktivkräfte zu sorgen. Zugleich erzeugen dieselben Widersprüche, die den Imperialismus an den Rand des Abgrunds treiben, die objektiven Triebkräfte für die soziale Revolution. Die Globalisierung der Produktion hat zu einem massiven Wachstum der Arbeiterklasse geführt. Nur die soziale Kraft, die an keine Nation gebunden ist, kann das Profitsystem und damit die Ursache von Krieg beenden.
9. Alle großen Probleme der Arbeiterklasse – die wachsende soziale Ungleichheit, die zunehmend autoritären Herrschaftsformen – sind untrennbar mit diesem Kampf verbunden. Es kann keinen Kampf für Sozialismus ohne Kampf gegen Krieg geben, und umgekehrt keinen Kampf gegen Krieg ohne Kampf für Sozialismus.
Die Arbeiterklasse muss sich der Kriegsgefahr entgegenstellen und die Jugend und die unterdrückten Massen unter einem sozialistischen Programm anführen. Sie muss die politische Macht übernehmen, die Banken und großen Konzerne enteignen und beginnen, eine Weltföderation von Arbeiterstaaten aufzubauen.
10. Das IKVI stellt den Kampf gegen Krieg in den Mittelpunkt seiner politischen Arbeit. Es muss zum internationalen Zentrum der revolutionären Opposition gegen das Wiederaufleben von imperialistischer Gewalt und Militarismus werden. Keine andere Organisation hat sich diese Aufgabe auch nur gestellt. Unzählige frühere Pazifisten, Liberale, Grüne und Anarchisten haben sich unter dem falschen Banner der Menschenrechte der imperialistischen Kriegstreiberei angeschlossen. Ähnliches gilt für pseudolinke Tendenzen wie die Pablisten und die Staatskapitalisten, die sich erst über einen „reflexhaften Anti-Imperialismus“ mokierten und sich dann hinter die amerikanische Aggression gegen Russland und China stellten.
11. Der Aufbau der Vierten Internationale unter der Führung des Internationalen Komitees ist die zentrale strategische Aufgabe. Dies ist der einzige Weg, auf dem die Arbeiterklasse international vereint werden kann. Die Online-Veranstaltung am 4. Mai, an der Arbeiter und Jugendliche aus 92 Ländern teilnahmen, hat deutlich gemacht, dass das IKVI für seine revolutionäre Perspektive immer mehr Unterstützung gewinnt und das Potenzial hat, sich zur Weltpartei der sozialistischen Revolution zu entwickeln. Die Aufgabe des IKVI besteht nun darin, in neuen Ländern und Regionen der Welt Sektionen aufzubauen.

Verabschiedet vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale am 9. Juni 2014.

Erklärung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI)Dienstanbieter:  Partei für Soziale Gleichheit, Sektion der Vierten Internationale (PSG) 

weltweit - global













Kaum ein Thema wird so intensiv und kontrovers diskutiert wie die Globalisierung. 
 - Die einen verbinden mit ihr die Annährung der Kulturen, wirtschaftliches Wachstum weltweit und ungeahnte Entfaltungsmöglichkeiten.
 - Andere hingegen fürchten die Dominanz der Ökonomie, den Verlust regionaler Vielfalt, ökologischen Raubbau sowie eine zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich.

Wenn man ein Lexikon aufschlägt, findet der Leser viele Begriffe in der Zusammensetzung mit „Welt“ oder „global“. 


Herkunft:
von Globus
Bedeutungen:
[1] die ganze Erde umspannend, weltweit
[2] allgemein, umfassend, pauschal
[3] Politik: alle Staaten betreffend
Synonyme:
[1] erdumfassend, weltweit, weltumfassend
[2] generell, pauschal, universell
[3] international, staatenübergreifendüberstaatlichvölkerumfassend
Gegenwörter:
[1] lokal, regional, speziell


Oft werden auch Worte aus dem Englischen mit dem Wort „global“ übernommen und im Deutschen ohne Übersetzung gebraucht. Nur ein paar Begriffe sollen hier genannt werden:  - Unter „Weltpolitik“ kann sich jeder eine Politik vorstellen, die die ganze Welt, alle Staaten umfasst.
 - „Weltethos“ bezeichnet die Ziele einer Konferenz von Geistlichen aller großen Religionen der Erde. Sie haben eine Erklärung verfasst, in der sie Regeln aufgestellt haben, die auf der ganzen Welt für Frieden sorgen sollen.
 - Das „Weltsozialforum“ ist eine Konferenz vieler hundert privater Organisationen, die nicht von Regierungen abhängig sind.

Andere alte und neue Begriffe sind z.B. Weltmacht, Weltwirtschaft, Welthandel, Weltbank, Weltpokal, Welthungerhilfe, Global Village, Global Player u.a.

Die globalen Entwicklungen sind keine Naturereignisse, sie sind vom Menschen, von der Politik gestaltet. Es handelt sich dabei allerdings um ein kompliziertes, schwer zu durchschauendes Netz von verschiedenen Entwicklungen. Sie stehen oft in einem größeren Rahmen. Sie wirken über unsere Heimatregionen hinaus. Sie können oftmals gar nicht von Deutschland oder der Europäischen Union allein bewältigt werden, sondern sind weltweit zu sehen.
Nationale und globale Entwicklungen stehen oftmals in einem wechselseitigen Zusammenhang. Früher war der Blick enger auf die eigene Umgebung gerichtet oder nur auf den eigenen Staat. Heute muss zumindest europäisch, meist aber weltweit, global geschaut werden.
Viele Entwicklungen sind in der ganzen Welt spürbar. 
Globalisierung nennt man diesen Prozess der Ausweitung von Entwicklungen auf die ganze Welt. Der Begriff wird allerdings sehr vielfältig und unterschiedlich verwendet und ist daher nur ganz allgemein zu bestimmen.

Natürlich ist die Globalisierung keine plötzliche Erfindung, sondern ein sehr langer Prozess. Aber es hat in den letzten Jahrzehnten eine Beschleunigung stattgefunden. Natürlich sind auch nicht alle Menschen auf der Welt in diese Globalisierung einbezogen.

Aber viele Bereiche sind heute in weltweiten Netzen verbunden. Diese weltweite Vernetzung ist dabei kein abgeschlossener Prozess, sondern die Verflechtung entwickelt sich in allen Bereichen immer weiter (Handel, Finanzwesen, Eigentum, Politik, Kultur, Umwelt, Kommunikation usw.).

Einzelne Menschen, Firmen, Vereinigungen, Organisationen, Institutionen, Staaten sind in der ganzen Welt als Kunden, Verkäufer, Reisende, Angestellte, Vertreter ihrer Interessen oder Anliegen usw. tätig.
Dieser Prozess bedeutet einen tiefgreifenden Wandel für den einzelnen Menschen, und zwar bis hin zu der Gestaltung seines Alltags oder seines täglichen Konsums, seinen Chancen und Gefährdungen.


Quelle: 
Ausschnitt aus
bpb

bpb_globaleherausforderungen_1.pdf
Zahlen und Fakten: Globalisierung
wikipedia


Sozialreform oder Revolution?

Rosa Luxemburg



Sozialreform oder Revolution?



Erster Teil [1*]


1. Die opportunistische Methode


Wenn Theorien Spiegelbilder der Erscheinungen der Außenwelt im menschlichen Hirn sind, so muß man angesichts der Theorie von Eduard Bernstein hinzufügen – manchmal auf den Kopf gestellte Spiegelbilder. Eine Theorie von der Einführung des Sozialismus durch Sozialreformen – nach dem endgültigen Einschlafen der deutschen Sozialreform [1], von der Kontrolle der Gewerkschaften über den Produktionsprozeß – nach der Niederlage der englischen Maschinenbauer [2], von der sozialdemokratischen Parlamentsmehrheit – nach der sächsischen Verfassungsrevision [3] und den Attentaten auf das allgemeine Reichstagswahlrecht! [4] Allein der Schwerpunkt der Bernsteinschen Ausführungen liegt unseres Erachtens nicht in seinen Ansichten über die praktischen Aufgaben der Sozialdemokratie, sondern in dem, was er über den Gang der objektiven Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft sagt, womit jene Ansichten freilich im engsten Zusammenhange stehen.

Nach Eduard Bernstein wird ein allgemeiner Zusammenbruch des Kapitalismus mit dessen Entwicklung immer unwahrscheinlicher, weil das kapitalistische System einerseits immer mehr Anpassungsfähigkeit zeigt, andererseits die Produktion sich immer mehr differenziert. Die Anpassungsfähigkeit des Kapitalismus äußert sich nach Bernstein erstens in dem Verschwinden der allgemeinen Krisen, dank der Entwicklung des Kreditsystems, der Unternehmerorganisationen und des Verkehrs sowie des Nachrichtendienstes, zweitens in der Zähigkeit des Mittelstandes infolge der beständigen Differenzierung der Produktionszweige sowie der Hebung großer Schichten des Proletariats in den Mittelstand, drittens endlich in der ökonomischen und politischen Hebung der Lage des Proletariats infolge des Gewerkschaftskampfes.

Für den praktischen Kampf der Sozialdemokratie ergibt sich daraus die allgemeine Weisung, daß sie ihre Tätigkeit nicht auf die Besitzergreifung der politischen Staatsmacht, sondern auf die Hebung der Lage der Arbeiterklasse und auf die Einführung des Sozialismus, nicht durch eine soziale und politische Krise, sondern durch eine schrittweise Erweiterung der gesellschaftlichen Kontrolle und eine stufenweise Durchführung des Genossenschaftlichkeitsprinzips zu richten habe.

Bernstein selbst sieht in seinen Ausführungen nichts Neues, er meint vielmehr, daß sie ebenso mit einzelnen Äußerungen von Marx und Engels, wie mit der allgemeinen bisherigen Richtung der Sozialdemokratie übereinstimmen. Es läßt sich indes unseres Erachtens schwerlich leugnen, daß die Auffassung Bernsteins tatsächlich mit dem Gedankengang des wissenschaftlichen Sozialismus in grundsätzlichem Widerspruche steht.
Würde sich die ganze Bernsteinsche Revision dahin zusammenfassen, daß der Gang der kapitalistischen Entwicklung ein viel langsamerer ist, als man anzunehmen sich gewöhnt hat, so bedeutete dies in der Tat bloß eine Aufschiebung der bis jetzt angenommenen politischen Machtergreifung seitens des Proletariats, woraus praktisch höchstens etwa ein ruhigeres Tempo des Kampfes gefolgert werden könnte.

Dies ist aber nicht der Fall. Was Bernstein in Frage gestellt hat, ist nicht die Rapidität der Entwicklung, sondern der Entwicklungsgang selbst der kapitalistischen Gesellschaft und im Zusammenhang damit der Übergang zur sozialistischen Ordnung.
Wenn die bisherige sozialistische Theorie annahm, der Ausgangspunkt der sozialistischen Umwälzung würde eine allgemeine und vernichtende Krise sein, so muß man, unseres Erachtens, dabei zweierlei unterscheiden: den darin verborgenen Grundgedanken und dessen äußere Form.

Der Gedanke besteht in der Annahme, die kapitalistische Ordnung würde von sich aus, kraft eigener Widersprüche den Moment zeitigen, wo sie aus den Fugen geht, wo sie einfach unmöglich wird. Daß man sich diesen Moment in der Form einer allgemeinen und erschütternden Handelskrise dachte, hatte gewiß seine guten Gründe, bleibt aber nichtsdestoweniger für den Grundgedanken unwesentlich und nebensächlich.
Die wissenschaftliche Begründung des Sozialismus stützt sich nämlich bekanntermaßen auf drei Ergebnisse der kapitalistischen Entwicklung: vor allem auf die wachsende Anarchie der kapitalistischen Wirtschaft, die ihren Untergang zu unvermeidlichem Ergebnis macht, zweitens auf die fortschreitende Vergesellschaftung des Produktionsprozesses, die die positiven Ansätze der künftigen sozialen Ordnung schafft, und drittens auf die wachsende Organisation und Klassenerkenntnis des Proletariats, das den aktiven Faktor der bevorstehenden Umwälzung bildet.

Es ist der erste der genannten Grundpfeiler des wissenschaftlichen Sozialismus, den Bernstein beseitigt. Er behauptet nämlich, die kapitalistische Entwicklung gehe nicht einem allgemeinen wirtschaftlichen Krach entgegen.
Er verwirft aber damit nicht bloß die bestimmte Form des kapitalistischen Untergangs, sondern diesen Untergang selbst. Er sagt ausdrücklich:

Es könnte nun erwidert werden, daß, wenn man von dem Zusammenbruch der gegenwärtigen Gesellschaft spricht, man dabei mehr im Auge hat, als eine verallgemeinerte und gegen früher verstärkte Geschäftskrisis, nämlich einen totalen Zusammenbruch des kapitalistischen Systems an seinen eigenen Widersprüchen.


Und darauf antwortet er:

Ein annähernd gleichzeitiger völliger Zusammenbruch des gegenwärtigen Produktionssystems wird mit der fortschreitenden Entwicklung der Gesellschaft nicht wahrscheinlicher, sondern unwahrscheinlicher, weil dieselbe auf der einen Seite die Anpassungsfähigkeit, auf der anderen – bzw. zugleich damit – die Differenzierung der Industrie steigert. [5]


Dann entsteht aber die große Frage: Warum und wie gelangen wir überhaupt noch zum Endziel unserer Bestrebungen? Vom Standpunkte des wissenschaftlichen Sozialismus äußert sich die historische Notwendigkeit der sozialistischen Umwälzung vor allem in der wachsenden Anarchie des kapitalistischen Systems, die es auch in eine ausweglose Sackgasse drängt. Nimmt man jedoch mit Bernstein an, die kapitalistische Entwicklung gehe nicht in der Richtung zum eigenen Untergang, dann hört der Sozialismus auf, objektiv notwendig zu sein. Von den Grundsteinen seiner wissenschaftlichen Begründung bleiben dann nur noch die beiden anderen Ergebnisse der kapitalistischen Ordnung: der vergesellschaftete Produktionsprozeß und das Klassenbewußtsein des Proletariats. Dies hat auch Bernstein im Auge, als er sagt:


Die sozialistische Gedankenwelt verliert [mit der Beseitigung der Zusammenbruchstheorie – R.L.] durchaus nichts an überzeugender Kraft. Denn genauer zugesehen, was sind denn alle die von uns aufgezählten Faktoren der Beseitigung oder Modifizierung der alten Krisen? Alles Dinge, die gleichzeitig Voraussetzungen und zum Teil sogar Ansätze der Vergesellschaftung von Produktion und Austausch darstellen. [6]




Fußnoten


1*. Besprechung der Bernsteinschen Aufsatzreihe: Probleme des Sozialismus, in:
Neue Zeit 1896/97 (Anm. – R.L.)



Anmerkungen


1. Karl Freiherr von Stumm (1836–1901): Großindustrieller und Freund des Kaisers Wilhelm II.; Mitbegründer und Führer der Deutschen Reichspartei. – Arthur Graf von Possadowsky-Wehner: Staatssekretär im Reichsamt des Innern und Vizekanzler von 1897–1907. – Die beiden verfochten als schärfste Gegner der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie die Anwendung brutalster Gewalt bei der Unterdrückung der Arbeiterklasse.
https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Ferdinand_von_Stumm-Halberg


2. Von Juli 1897 bis Januar 1898 streikten etwa 70.000 Maschinenbauarbeiter Englands für eine achtstündige Arbeitszeit. Trotz der starken Solidaritätsbekundungen der englischen und deutschen Arbeiterbewegung endete der Streik mit einer Niederlage.


3. Am 27. März 1896 wurde das reaktionäre Dreiklassenwahlrecht zur Zweiten Kammer des Landtags in Sachsen eingeführt, gegen das bereits seit Mitte Dezember 1895 Hunderttausende auf Massenversammlungen demonstriert hatten.


4. Arthur Graf von Possadowsky-Wehner, Staatssekretär im Reichsamt des Innern, hatte am 11. Dezember 1897 an die Regierungen der deutschen Einzelstaaten ein geheimes Rundschreiben gesandt, in dem er Vorschläge für gesetzliche Maßnahmen gegen das Streikrecht und die Koalitionsfreiheit forderte. Der deutsche Sozialdemokratie war es gelungen, das Geheimdokument in die Hand zu bekommen. Sie veröffentlichte es am 15. Januar 1898 im Vorwärts. Am 6. September 1898 kündigte Wilhelm II. in einer Rede in Oeynhausen die für 1899 vorgesehene Gesetzesvorlage, bekannt geworden als „Zuchthausvorlage“, an.


5. Neue Zeit, 1897/98, Nr. 18, S. 555.


6. ebenda, S. 554.


Cyber-Demokratie – die neue Form der Bürgerbeteiligung?


Kann das Internet die Demokratie stärken? Um diese Frage zu beantworten, müssen zu allererst die Grundlagen dafür aufgezeigt werden.
1. Cyber-Demokratie setzt einerseits voraus, dass jeder Wähler gleichermaßen uneineingeschränkten Zugang zum World Wide Web hat und die Technik auch bedie- nen kann, um sich politisch zu beteiligen.
2. Die Zugänge müssen andererseits bei Wahlentscheidungen so sicher sein, dass man keine Sorgen haben muss, dass sie manipuliert werden können.



Argumente für Internetabstimmungen

Sind die beiden obigen Voraussetzungen erfüllt, ist in den Augen der Befürworter das Internet ein Mittel, die Demokratie in einem Staat zu verbessern, denn es gibt den Bürgern die Möglichkeit, mit Leichtigkeit an Abstimmungs- oder Befragungsprozessen teilhaben zu können.
Jeder kann zu jeder Zeit Information zu jedem Thema im Internet finden. Das Internet verleiht nach dieser Ansicht dem Menschen mehr Macht als je zuvor, das stärkt aber zugleich die Demokratie. So könnte z.B. eine Partei eine Plattform im Internet einrichten, auf der die Bürger freien Zugang haben, um ihre Meinungen zu für sie wichtigen Themen aufschreiben zu können.
Denn wenn jeder gleichberechtigt ist und merkt, dass seine Position Einfluss hat, ist das Ergebnis für alle überzeugender. Wenn es dann Menschen gibt, die mit der getroffenen Entscheidung nicht einverstanden sind, können sie auf derselben Plattform eine Gegen- initiative gründen, um eine Entscheidung in ihrem Sinne zu ereichen.

Dieser Prozess macht Demokratie lebendig, sagen die Befürworter der Cyber-Demokratie. Sie betonen, dass das Internet die politische Beteiligung erleichtert, den politischen Dialog stärkt, eine Gemeinschaft schafft, das Internet und damit verbunden die Kommuni- kationsplattformen nicht von der Regierung kontrolliert werden können, dies die Wahlbeteiligung erhöht und schließlich einen besseren Kontakt mit den Politikern ermöglicht. 



Argumente gegen Internetabstimmungen

Die Gegner sagen, dass das Internet nicht als Plattform der Demokratie dienen kann, sondern sie gefährdet. Dafür werden sechs Argumente genannt: 

1. Wegen der Menge der Meinungsäußerungen kann der Einzelne kein Gehör mehr fin- den. Nicht das wichtigste Thema wird sich durchsetzen, sondern das, welches am besten verpackt und beworben wird. 

2. Die Menge der Meinungsäußerungen bedeutet nicht eine Qualitätssteigerung der Inhalte. Das Gegenteil ist der Fall, da durch die Informationsflut im Internet jede Botschaft noch lauter und übertrieben angepriesen werden müsse. 

3. Das Internet wird Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Zwar verbindet es Menschen über lange Distanzen, aber auf Kosten der nachbarschaftlichen Beziehungen. Das führt zu einer Veränderung der Gemeinschaft. 

4. Es ist ein Irrglaube, dass das Internet Diktaturen schwächt, da man mittels neuster Technologie jeden Nutzer identifizieren und lokalisieren kann. Eine Diktatur wird eher das Internet als ein Überwachungsinstrument einsetzen und so seine Macht stabilisieren. 

5. Das elektronische Wählen ist gefährlich, da dadurch Beliebigkeit und Gleichgültigkeit entsteht. Denn wenn die Wahl so wie eine Fernbedienung funktioniert, bleibt wenig vom bürgerlichen Engagement einer Wahl. 

6. Es ist ein Irrglaube, dass der direkte Zugang zu Politikern erleichtert wird, denn Politiker haben auch nur begrenzt Zeit. Entweder werde der Schreiber eine vorher entworfene Generalantwort erhalten oder aber in der Masse der Anfragen untergehen.


Ob also die Cyber-Demokratie die Demokratie stärkt oder schwächt, muss jeder für sich entscheiden. Die Bundesregierung for- ciert ihre Bemühungen, Verwaltungsarbeiten für den Bürger durch den Einsatz des Internets benutzerfreundlicher und effizienter zu gestalten. 


So ist es heute kein Problem mehr, seine Steuererklärung per Mausklick an das Finanzamt zu senden. In anderen Ländern, z.B. Norwegen, ist diese Entwicklung schon wesentlich weiter fortgeschritten. 
Ob also nach der „eVerwaltung“ und der „eWirtschaft“ auch die „eDemokratie“ kommt, wird die Zeit zeigen.


Quelle: Auschnitt aus
bpb
bpb_globaleherausforderungen_1.pdf

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte


Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948



Präambel

Da die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet, da die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen, und da verkündet worden ist, daß einer Welt, in der die Menschen Rede- und Glaubensfreiheit und Freiheit von Furcht und Not genießen, das höchste Streben des Menschen gilt, da es notwendig ist, die Menschenrechte durch die Herrschaft des Rechtes zu schützen, damit der Mensch nicht gezwungen wird, als letztes Mittel zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung zu greifen, da es notwendig ist, die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen zu fördern,
da die Völker der Vereinten Nationen in der Charta ihren Glauben an die grundlegenden Menschenrechte, an die Würde und den Wert der menschlichen Person und an die Gleichberechtigung von Mann und Frau erneut bekräftigt und beschlossen haben, den sozialen Fortschritt und bessere Lebensbedingungen in größerer Freiheit zu fördern,
da die Mitgliedstaaten sich verpflichtet haben, in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen auf die allgemeine Achtung und Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten hinzuwirken, da ein gemeinsames Verständnis dieser Rechte und Freiheiten von größter Wichtigkeit für die volle Erfüllung dieser Verpflichtung ist,
verkündet die Generalversammlung diese Allgemeine Erklärung der Menschenrechte als das von allen Völkern und Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal, damit jeder einzelne und alle Organe der Gesellschaft sich diese Erklärung stets gegenwärtig halten und sich bemühen, durch Unterricht und Erziehung die Achtung vor diesen Rechten und Freiheiten zu fördern und durch fortschreitende nationale und internationale Maßnahmen ihre allgemeine und tatsächliche Anerkennung und Einhaltung durch die Bevölkerung der Mitgliedstaaten selbst wie auch durch die Bevölkerung der ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Gebiete zu gewährleisten.


Artikel 1

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.


Artikel 2

Jeder hat Anspruch auf die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.
Des weiteren darf kein Unterschied gemacht werden auf Grund der politischen, rechtlichen oder internationalen Stellung des Landes oder Gebiets, dem eine Person angehört, gleichgültig ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft steht, keine Selbstregierung besitzt oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt ist.


Artikel 3

Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.


Artikel 4

Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel sind in allen ihren Formen verboten.


Artikel 5

Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.


Artikel 6

Jeder hat das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden.


Artikel 7

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Unterschied Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz. Alle haben Anspruch auf gleichen Schutz gegen jede Diskriminierung, die gegen diese Erklärung verstößt, und gegen jede Aufhetzung zu einer derartigen Diskriminierung.


Artikel 8

Jeder hat Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei den zuständigen innerstaatlichen Gerichten gegen Handlungen, durch die seine ihm nach der Verfassung oder nach dem Gesetz zustehenen Grundrechte verletzt werden.


Artikel 9

Niemand darf willkürlich festgenommen, in Haft gehalten oder des Landes verwiesen werden.


Artikel 10

Jeder hat bei der Feststellung seiner Rechte und Pflichten sowie bei einer gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Beschuldigung in voller Gleichheit Anspruch auf ein gerechtes und öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht.


Artikel 11

  1. Jeder, der wegen einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, hat das Recht, als unschuldig zu gelten, solange seine Schuld nicht in einem öffentlichen Verfahren, in dem er alle für seine Verteidigung notwendigen Garantien gehabt hat, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.
  2. Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Ebenso darf keine schwerere Strafe als die zum Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung angedrohte Strafe verhängt werden.

Artikel 12

Niemand darf willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jeder hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.


Artikel 13

  1. Jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen.
  2. Jeder hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren.

Artikel 14

  1. Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.
  2. Dieses Recht kann nicht in Anspruch genommen werden im Falle einer Strafverfolgung, die tatsächlich auf Grund von Verbrechen nichtpolitischer Art oder auf Grund von Handlungen erfolgt, die gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen verstoßen.

Artikel 15

  1. Jeder hat das Recht auf eine Staatsangehörigkeit.
  2. Niemandem darf seine Staatsangehörigkeit willkürlich entzogen noch das Recht versagt werden, seine Staatsanghörigkeit zu wechseln.

Artikel 16

  1. Heiratsfähige Frauen und Männer haben ohne Beschränkung auf Grund der Rasse, der Staatsangehörigkeit oder der Religion das Recht zu heiraten und eine Familie zu gründen. Sie haben bei der Eheschließung, während der Ehe und bei deren Auflösung gleiche Rechte.
  2. Eine Ehe darf nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen Ehegatten geschlossen werden.
  3. Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.

Artikel 17

  1. Jeder hat das Recht, sowohl allein als auch in Gemeinschaft mit anderen Eigentum innezuhaben.
  2. Niemand darf willkürlich seines Eigentums beraubt werden.

Artikel 18

Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.


Artikel 19

Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.


Artikel 20

  1. Alle Menschen haben das Recht, sich friedlich zu versammeln und zu Vereinigungen zusammenzuschließen.
  2. Niemand darf gezwungen werden, einer Vereinigung anzugehören.

Artikel 21

  1. Jeder hat das Recht, an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten seines Landes unmittelbar oder durch frei gewählte Vertreter mitzuwirken.
  2. Jeder hat das Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern in seinem Lande.
  3. Der Wille des Volkes bildet die Grundlage für die Autorität der öffentlichen Gewalt; dieser Wille muß durch regelmäßige, unverfälschte, allgemeine und gleiche Wahlen mit geheimer Stimmabgabe oder in einem gleichwertigen freien Wahlverfahren zum Ausdruck kommen.

Artikel 22

Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit sowie unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel jedes Staates in den Genuß der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind.


Artikel 23

  1. Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.
  2. Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
  3. Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.
  4. Jeder hat das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.

Artikel 24

Jeder hat das Recht auf Erholung und Freizeit und insbesondere auf eine vernünftige Begrenzung der Arbeitszeit und regelmäßigen bezahlten Urlaub.


Artikel 25

  1. Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen gewährleistet sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie bei anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände.
  2. Mütter und Kinder haben Anspruch auf besondere Fürsorge und Unterstützung. Alle Kinder, eheliche wie außereheliche, genießen den gleichen sozialen Schutz.

Artikel 26

  1. Jeder hat das Recht auf Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch. Fach- und Berufsschulunterricht müssen allgemein verfügbar gemacht werden, und der Hochschulunterricht muß allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen.
  2. Die Bildung muß auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muß zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen oder religiösen Gruppen beitragen und der Tätigkeit der Vereinten Nationen für die Wahrung des Friedens förderlich sein.
  3. Die Eltern haben ein vorrangiges Recht, die Art der Bildung zu wählen, die ihren Kindern zuteil werden soll.

Artikel 27

  1. Jeder hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen und am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften teilzuhaben.
  2. Jeder hat das Recht auf Schutz der geistigen und materiellen Interessen, die ihm als Urheber von Werken der Wissenschaft, Literatur oder Kunst erwachsen.

Artikel 28

Jeder hat Anspruch auf eine soziale und internationale Ordnung, in der die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten voll verwirklicht werden können.


Artikel 29

  1. Jeder hat Pflichten gegenüber der Gemeinschaft, in der allein die freie und volle Entfaltung seiner Persönlichkeit möglich ist.
  2. Jeder ist bei der Ausübung seiner Rechte und Freiheiten nur den Beschränkungen unterworfen, die das Gesetz ausschließlich zu dem Zweck vorsieht, die Anerkennung und Achtung der Rechte und Freiheiten anderer zu sichern und den gerechten Anforderungen der Moral, der öffentlichen Ordnung und des allgemeinen Wohles in einer demokratischen Gesellschaft zu genügen.
  3. Diese Rechte und Freiheiten dürfen in keinem Fall im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen ausgeübt werden.

Artikel 30

Keine Bestimmung dieser Erklärung darf dahin ausgelegt werden, daß sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person irgendein Recht begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung zu begehen, welche die Beseitigung der in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten zum Ziel hat.

Donnerstag, 9. Juli 2015

Wie frei darf das Internet sein?

Anbei sind Argumente für und gegen eine Netzsperre lesen.


Gegen ein kontrolliertes Internet

a) Das Internet ist ein Ort der freien Meinungsäußerung und ungehinderten Kommunikation. Es ist der Ausdruck des Menschenrechts auf freie Meinungsäußerung.

b) Internetzensur dient nur den Mächtigen, die sich der freien Meinungsäußerung nicht stellen wollen.

c) Internetzensur wird betrieben mit den fadenscheinigen Begründungen, die Moral, die gesellschaftlichen Normen, die nationale Sicherheit, die Rechte von Minderheiten oder Kulturen zu beschützen.

d) Das Internet darf nicht den wirtschaftlichen und staatlichen Interessen geopfert werden.

e) Die Kontrolle des Internets kann terroristische Aktivitäten nicht verhindern. Als Beispiel kann man den Anschlag vom 11.09.2001 nennen. Denn obwohl US-amerikanische Geheimdienste das Internet überwachten, konnten sie die Sicherheitsorgane nicht vor dem Anschlag warnen.

f) Durch das Sperren von Internetseiten werden die Probleme nicht gelöst, sondern nur verdrängt.

g) Auch rechtsradikale Propaganda ist z. B. als Information nützlich. Sie verweist auf gesellschaftliche Probleme, mit denen man sich auseinandersetzen muss. Eine Netzsperre würde dies behindern.

h) Das „Totschlagargument“ Kinderpornografie ist falsch, denn Kinderpornos sind weltweit illegal. Wo immer solche Bilder auftauchen, kann die Justiz sofort eingreifen und die Täter verfolgen.

i) Netzsperren sind unzureichend, da zwar der Zugang zu Internetseiten erschwert wird, aber nicht verhindert werden kann. Es gibt genug technische Möglichkeiten, Netzsperren zu umgehen.

j) Wenn man Firmen erlaubt, Software für komplet- te Sperrungen anzuwenden, dauert es nicht mehr lange, dass tausende Seiten gesperrt werden, entweder aus politischen, wirtschaftlichen oder anderen Gründen.


Für eine Kontrolle des Internets
a) Das Grundrecht der freien Meinungsäußerung schließt nicht das Grundrecht der Unverletzbarkeit der Menschenwürde aus. Das ist der oberste Grundsatz. Daher muss es eine Kontrolle geben.

b) Nur der Staat kann den Schutz der Moral, der gesellschaftlichen Normen, der nationalen Sicherheit, der Rechte von Minderheiten oder Kulturen garantieren. Daher muss er das Recht haben, vorbeugend handeln zu können. Dazu gehört auch eine vorsorgliche Kontrolle des Internets.

c) Der Staat hat die Aufgabe, seine Bürger zu schützen. Kriminelle und terroristische Vereinigungen verwenden das Internet als Kommunikationsmittel. Es wäre fahrlässig, das Netz diesen Gruppen ungestört zu überlassen.

d) Man darf Menschen, die sich nicht an die demokratischen Spielregeln und die Grundsätze der Menschenrechte halten, nicht ungehindert das Internet als Propagandamittel überlassen. Nur eine Kontrolle kann diese Auswüchse schon in seinen Anfängen erkennen und dagegen etwas unternehmen.


Hilfreich können hier u.a. folgende Seiten im Internet sein: 
 - 
http://www.ccc.de
 
 (Chaos Computer Club), 
 - 
http://www.spiegel.de
 
 (Nachrichtenmagazin Der Spiegel),
 - http://www.tagesschau.de
 
 oder 
 - 
http://www.heute.de
 
 (Nachrichtenportale von ARD bzw. ZDF),
 - http://www.bmfsfj.de
 
 (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend), 
 - 
http://www.bpb.de
 
 (Bundeszentrale für politische Bildung)
sowie die Internetseiten der im Bundestag vertretenen Parteien.



Quelle: Auschnitt aus
bpb
bpb_globaleherausforderungen_1.pdf