Dienstag, 10. Juli 2012

Es sieht nicht gut aus für den Sanierungsprozess


Flucht in Privatisierungen
Es sieht nicht gut aus für den Sanierungsprozess. Privatisierungen werden die Wirtschaft nicht retten, sondern sie ausplündern; wenn die Anpsssungszeit nicht verlängert wird.

 

Nach den erneuten Parlamentswahlen in Griechenland, der Regierungsbildung und der Vereidigung eines Finanzministers haben die Beauftragten der »Troika« von EU, IWF und EZB den bisherigen Stand der wirtschaftlichen Entwicklung und der Sanierung der öffentlichen Finanzen bilanziert.
Die zusammenfassende Bewertung:
Das pleitebedrohte Land habe die Ziele des Austeritätspaktes verfehlt, die Veränderungen müssten daher beschleunigt werden.

Dies gilt für die Privatisierung von Staatseigentum ebenso wie die Liberalisierung des Energiemarktes und die Überholung des Steuersystems. Zudem sollen einige Gehälter im öffentlichen Dienst erneut um 12% gekürzt werden.
Das vereinbarte Moratorium sieht vor, dass bis September durch diese Kürzungen 200 Millionen Euro in den öffentlichen Kassen eingespart werden. 



Abgesehen von den Rückständen bei der Umsetzung vereinbarter Veränderungen gibt es eine Verschlechterung aufgrund der rezessiven Entwicklung.
Die Troika rechnet mit einer Lücke von 2 Mrd. Euro im laufenden Staatshaushalt. Dieser Fehlbetrag kann nur über Aufstockungen der Mittel oder über zusätzliche Einsparungen im öffentlichen Bereich gedeckt werden. Mit einem Ergebnis der Überprüfung wird erst Ende Juli gerechnet. 

Angesichts der scharfen Rezession sprechen alle ökonomischen Argumente dafür, die Anpassungszeit zu verlängern, um der griechischen Wirtschaft Luft zu verschaffen und Wachstum zu ermöglichen.
Mehr noch:
ohne Stabilisierung der Binnenwirtschaft und ein mittelfristig angelegtes Investitionsprogramm kann es keine Trendwende geben.
Von einer Einbindung in den europäischen Wachstumspakt ist bislang nicht konkretes bekannt, geschweige denn über ein immer wieder verkündetes »Marshall«-Programm für Griechenland. 

Die Regierung selbst sucht den Ausweg in einer Ausweitung des Privatisierungsprogramms, das die Ziele des Austeritätspaktes übertrifft.
Neben den sechs laufenden Privatisierungsverfahren (unter anderem für die Staatslotterie, die staatliche Erdgasgesellschaft Depa und das alte Flughafengelände Hellenikon), die beschleunigt werden müssen, sollen neun weitere Staatsunternehmen zum Verkauf angeboten werden.
Vorgesehen sind ertragreiche Unternehmen wie die Wettgesellschaft OPAP, die Hellenic Petroleum und der Nickelproduzent Larko. Die Regierung stellte zudem in Aussicht, den umfangreichen staatlichen Immobilienbesitz entlang der Südküste von Attica – von Faliron bis Kap Sounion – zum Verkauf anzubieten. 

Die griechische Koalitionsregierung macht also Privatisierungen zur obersten Priorität und will die Wirtschaft des Landes so aus der tiefen Rezession führen.
Das Programm zielt darauf ab, internationales Kapital anzuziehen, das vor allem in Immobilienentwicklung und Infrastruktur investieren soll. 

Mit dem massiven Ausverkauf der öffentlichen Unternehmen wird sich die wirtschaftliche Abwärtsbewegung jedoch nicht stoppen und gar umkehren lassen.
Drei Jahre nach dem offenen Ausbruch der Euro-Krise in Griechenland wird die gesamte Hilf- und Konzeptionslosigkeit über deutlich.

Zu Recht kritisierte der Chef der linkssozialistischen Opposition Syriza, Alexis Tsipras: »Privatisierungen werden unsere Wirtschaft nicht retten, sondern sie ausplündern.«
Das Regierungsprogramm lese sich wie ein Verkaufsinserat, als wolle die Regierung Griechenland verkaufen. Dagegen werde seine Partei kämpfen, im Parlament und auf der Straße. Die geplanten Privatisierungen nannte Tsipras ein Verbrechen. 



Ein beschleunigter Verkauf von öffentlichen Unternehmen und Eigentum ist in der Tat unter den gegenwärtigen Bedingungen eine reine Verschleuderung gesellschaftlicher Werte.
Wer sich von einer solchen Panik-Politik die Einleitung eines zukunftsorientierten gesellschaftlichen Strukturwandels erwartet, kann die zurückliegenden Erfahrungen mit umfassenden Privatisierungen nicht verstanden haben. 

Es sieht nicht gut aus für den Sanierungsprozess.
Schon in den nächsten Wochen wird es kritisch werden:
Eine Auszahlung weiterer Hilfskredite soll es nicht geben, bevor die Euro-Gruppe nicht zum Schluss komme, dass das Sanierungs- und Reformprogramm wieder auf Kurs sei.
Formelle Beschlüsse dazu wird es nicht mehr im Juli, sondern eher Ende August geben. Eine ernete Zuspitzung der Situation ist damit nicht ausgeschlossen.


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