Samstag, 16. Juni 2012

Der "GR_EXIT" in aller Munde !


Quelle: Eric B. to Lost in EUrope / lostineurope.posterous.com


Grexit ist ein Neologismus, der den Austritt Griechenlands aus der Eurozone und die Rückkehr zur Drachme bezeichnet. Das Wort setzt sich zusammen aus den englischen Bestandteilen „Greece“ (Griechenland) und „exit“ (Austritt, Ausgang).


Kurz vor der Wahl in Griechenland fassen Politiker und Investoren wieder Hoffnung. Vielleicht kommt es ja doch nicht zu einem "Grexit", einem Ausschluß aus dem Euro, heißt der aktuelle Hype in Brüssel. Er stützt sich auf Umfragen, nach denen die Konservativen in Athen vorn liegen. An der Athener Börse ging es deshalb gestern schon wieder nach oben
- doch gleichzeitig bereiten sich Euro-Finanzminister und Notenbanken auf den Ernstfall vor.

Die Notenbanken planen eine koordinierte Aktion, um die Märkte zu stabiliieren, meldet SPON
. Und die Finanzminister wollen noch am Sonntagabend eine Telefonkonferenz einberufen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Neben einer gemeinsamen Reaktion rechtzeitig vor Öffnung der Märkte in Asien sind auch Notstandsmaßnahmen wie Grenz- und Kapitalverkehrskontrollen im Gespräch, wie bereits vor Tagen durchsickerte (siehe "Grexit = Notstand").

Offenbar soll der Notstand ausgerufen werden, wenn Linkenführer Tsipras die Wahl gewinnt. Der beteuert zwar, er wolle Griechenland im Euro halten, doch er lehnt das Spardiktat aus Brüssel und Washington ab. Deshalb ist er für die Dogmatiker in der Eurogruppe und im IWF ein rotes Tuch. Fast noch schlimmer für die Hardliner ist, dass Tsipras den Finger in die Wunde legt und auf die fatalen Konsequenzen hinweist, die ein "Grexit" für ganz Europa hätte.

"Wettet nicht auf auf den Grexit, ihr werdet verlieren", rief Tsipras den Spekulanten in einer seiner letzten Wahlveranstaltungen zu
. Der charismatische Linke spielt dabei unverhohlen auf den hohen Preis an, den ein Austritt Griechenlands für andere Wackelkandidaten wie Spanien oder Italien hätte - und auf die Hoffnung, dieser Preis könne am Ende auch für Kanzlerin Merkel und IWF-Chefin Lagarde zu hoch sein, um den Rausschmiss zu wagen.
Es gibt aber auch eine andere Theorie, die der britische Finanzminister Osborne vertritt

Der "Grexit" könne der Preis sein, den Merkel von Europa fordert, um weitreichenden Hilfen für die anderen Euroländer zuzustimmen. Anders ausgedrückt: Merkel wolle an Griechenland ein Exempel statuieren, um dann bei umstrittenen Themen wie Bankenunion oder Eurobonds klein bei zu geben.
Letztlich weiß niemand, wie die Wahl ausgeht und welche Position die Oberhand gewinnt. Die wirre Lage spiegelt sich auch in meiner aktuellen Umfrage wieder. 

Die Leser dieses Blogs sind unentschieden, ob der "Grexit" tatsächlich noch im Juni kommt, oder ob es sich nur um einen gigantischen Bluff handelt. 22 Prozent stimmten für die erste Annahme, genauso viele für die zweite.
Sehr hübsch war übrigens die Antwort eines Lesers: "Merkel würfelt", gab er zu Protokoll. Worauf ich auf Twitter
erwiderte: Nein, sie lässt würfeln - ihre Berater. Und da sie eine "Physikerin der Macht" ist, berechnet sie danach die Kräfteverhältnisse - und entscheidet sich erst dann. Wobei vermutlich wie immer die innenpolitischen Machtrelationen den Ausschlag geben...


Linksammlung zum "Grexit"

Eine Wahl löst einen globalen Marktalarm und Notstandspläne in ganz Europa aus: Das hat es seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts nicht mehr gegeben. Was sich am Wochenende in Griechenland abspielt, schreit nach kritischer und unvoreingenommener Berichterstattung. Leider folgen die deutschen Medien fast nur dem "Pleite-Griechen-müssen-unsere-Buddys-wiederwählen-oder-sie-fliegen-raus"-Spin aus dem Kanzleramt und dem BMF.
Was sich jetzt, so kurz vor der Wahl in Griechenland in Presse und Medien in ganz Europa abspielt, "ist nichts anderes als ein mediales, dämonisierendes Powerplay gegen das Linksbündnis Syriza von Alexis Tsipras. In einer solch massiven Form hat es das in Europa wohl noch nicht gegeben", kritisieren die "Querschüsse"
. Ich bin derselben Meinung. Viele wichtige Infos erhält man nur im Internet. 
Deshalb hier eine aktuelle Linksammlung mit etwas anderen Perspektiven. Ich werde versuchen, sie laufend zu aktualisieren - gerne nehme ich auch Hinweise meiner Leser auf.  

The troika should be ready with proposals of its own that are more flexible on timing and more targeted in cutting public- service jobs to improve Greece’s inefficient state, rather than just meeting head counts. In doing so they should try to remember the ordinary Greeks they are stepping in to help, rather than the feckless politicians who have so frustrated efforts to date. This would doubtless take more money, primarily from Greece’s reluctant euro-area partners, including Germany. The alternative is a high stakes roll of the dice on Greek contagion.
Widerlegt die These von H.-W. Sinn, dass Deutschland schon jetzt mehr gezahlt hätte als die USA nach dem Krieg

Geht dem Gedankenspiel nach, dass Deutschland die Krise bewußt nutzt, um andere Länder zu unterwerfen (was heute vornehm "mehr Europa" oder "Verzicht auf Souveränität" heißt). Eine Gegenthese zu der in Berlin gern erzählten Verschwörungstheorie, "die Amis" hätten alles verbockt und würden Kanzlerin Merkel in eine Milliarden-Falle locken.

Die Bundesbank argumentiert offenbar, dass in einem solchen Szenario der griechische Staat und die griechischen Banken nicht mehr als solvent zu bezeichnen seien. Das Eurosystem dürfe Kredit aber nur an solvente Banken vergeben. Deshalb müsse unter den beschrieben Umständen jeglicher neue Kredit verweigert werden und - um dies sicherzustellen - die griechische Notenbank vom Zahlungsverkehrssystem Target abgeschnitten werden, hieß es in Notenbankkreisen. Das wäre faktisch der Ausschluss Griechenlands aus dem Euro. 
Das deutsche Feindbild Nr. 1, Alexis Tsipras, legt in der britischen FT seine Sicht der Dinge dar. Besser als der Artikel in der FTD. 

Eine bemerkenswerte Meldung. Die Märkte hoffen, dass die Zentralbanken nach der Wahl in Athern intervenieren. Heißt das, dass die Anleger am Ende enttäuscht sind, wenn die aus Brüsseler Sicht "Richtigen" gewinnen - und dann erst recht in Depression verfallen?

Die FTD empfiehlt, die Konservativen zu wählen, und könnte damit genau das Gegenteil bewirken...

Consider the following scenario. After a victory by the left-wing Syriza party, Greece’s new government announces that it wants to renegotiate the terms of its agreement with the International Monetary Fund and the European Union. German Chancellor Angela Merkel sticks to her guns and says that Greece must abide by the existing conditions.


Quelle: Eric B. to Lost in EUrope / lostineurope.posterous.com



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